Frieden für Syrien? Ist das überhaupt noch möglich, oder wird das Land – wie Libyen, wie Afghanistan – in einem endlosen bewaffneten Chaos versinken? Der syrische Krieg eskaliert mehr und mehr: mittlerweile kämpfen über zwei Dutzend Staaten und eine nicht übersehbare Menge bewaffneter Milizen auf seinem Territorium – miteinander, gegeneinder, nebeneinander. Auch die Verbündeten haben unerschiedliche Interessen – die Türkei z.B. ihre eigenen, auch Saudiarabien die seinen – und sind gleichzeitig im Bündnis mit der NATO, also gleichzeitig „mit uns“, der Bundesrepublik Deutschland, die wir im Dezember 2015 in diesen Krieg eingetreten sind. Für die Öffentlichkeit wird der Beschluss herunter gespielt: die Bundeswehr-Tornados „dienen n u r der Aufklärung“, aber was heißt das? Nach den Informationen, die die Bundeswehr liefert, werden die Bombardements ausgeführt, die Menschen töten, darunter sie berühmten „Kollateralschäden“: Zivilisten, junge, alte, Frauen und Kinder. Kurzum, wir führen Krieg.
Verheerend ist die Entscheidung der Regierungskoalition auch, weil die deutsche Regierung die Chance aus der Hand gegeben hat, als Nichtkriegspartei eine konstruktive Rolle im Verhandlungsprozess zu Syrien zu spielen. Gerade weil die Zahl der Akteure so groß und unübersichtlich ist, wäre es wichtig und richtig gewesen, sich ganz darauf zu konzentrieren, den Verhandlungen zum Erfolg zu verhelfen. Haben die Verhandlungen, über deren Teilnehmer im Hintergrund viel Gezerre herrscht, überhaupt noch eine Perspektive oder drohen sie in der Eskalation des Krieges unterzugehen, in zufälligen oder beabsichtigten Kollisionen, wie etwa dem Abschuss eines russischen Flugzeugs durch das türkische Militär?
Karin Leukefeld ist freie Jornalistin, berichtet seit vielen Jahren berichtet aus dem Nahen Osten. Sie war in allen Krisenregionen und arbeitet heute vorwiegend in Damaskus. Sie arbeitet für Printmedien und Radio, schreibt Bücher und hält Vorträge.
Bild: Karin Leukefeld,September 2015 in Jarmuk/Damaskus