Nahezu unbemerkt von einer breiteren Öffentlichkeit, aber nicht unbedingt zur Freude einiger Politiker, könnte sich eine neue Drohnendebatte anbahnen.
Der UN- Drohnenbericht
Dem “UN- Sonderberichterstatter zu Menschenrechten bei der Bekämpfung von Terrorismus” Ben Emmerson sind einige unschöne Details beim US- Drohneneinsatz aufgefallen. Der Bericht des Briten wird demnächst Gegenstand von Debatten vor den Vereinten Nationen sein.
Emmerson berichtet, seit 2004 hätten in Pakistan ungefähr 330 Drohnenangriffe stattgefunden und hierbei seien mindestens 2200 Menschen getötet worden. Pakistanische Behörden sprechen von über 400 zivilen Opfern, 200 weitere werden als “Nichtkämpfer” bezeichnet.
Im Jemen sollen seit 2011 auch bis zu 400 Menschen getötet worden sein, davon 58 Zivilisten. Das seien mehr Zivilpersonen als bisher angenommen.
Genaue Opferzahlen könnten aber nicht angegeben werden, da der US- Geheimdienst CIA an diesen Tötungen beteiligt sei. Und Geheimdienste sammeln zwar Daten, geben sie aber nicht preis.
UN- Sonderberichterstatter fordern Offenlegung
Emmerson spricht von “beinahe nicht zu bewältigenden Hindernissen für Transparenz”. Er will nicht akzeptieren, dass “Bedenken über die nationale Sicherheit dazu führen, dass solche Statistiken geheim gehalten werden”. Er fordert auch Großbritannien und Israel auf, ihre Kriegsführung mit Drohnen offen zu legen.
Zusätzlich befürchtet er, dass immer mehr Länder Drohnen einsetzen werden. Der Drohnenkrieg wird die ganze Welt zu einem Schlachtfeld machen, auf dem Menschen gejagt werden, die oft auf Grund obskurer Annahmen als Terroristen klassifiziert werden.
Heftige Kritik kommt auch von dem südafrikanischen Juristen Christof Heyns, er ist “UN- Sonderberichterstatter zu extralegalen, summarischen und willkürlichen Hinrichtungen”. Er kommt zu dem Schluss, dass Drohnenattacken die internationale Sicherheit schädigen und zur Verbreitung von Kampfdrohnen beitragen. Er bestreitet auch, dass sie präzise, chirurgische Angriffe ermöglichen. Heyns schreibt: “Drohnen kommen vom Himmel, doch auf dem Boden hinterlassen sie den furchtbaren Fußabdruck des Krieges”.
Beide, Emmerson und Heyns, betonen, dass Drohneneinsätze und somit die Tötungen in einem rechtsfreien Raum (extralegal) erfolgen. Das Hauptproblem bei der Suche nach internationalen Regelungen sei nicht das Fehlen von Rechtsgrundlagen (die gibt es in der UN- Charta), sondern der Mangel an Transparenz.
Das Schattendasein der Drohnen
Die Menschenrechtsorganisation “Reprieve”, die Opfer aus dem Jemen und Pakistan vertritt, will das Drohnenprogramm der USA unter Beteiligung des CIA “aus dem Schatten zerren”.
Der pakistanische Vertreter bei den UN fordert die sofortige Einstellung der Angriffe. Er sagt, die psychologischen Einwirkungen auf die Hinterbliebenen der Ermordeten fördern ein Gefühl des Hasses und die Radikalisierung weiterer Menschen . Drohneneinsätze seien somit kontraproduktiv.
Die endgültigen Berichte und eine Debatte in der Vollversammlung der UN werden allerdings erst Anfang 2014 erwartet.
Und was läuft bei uns?
Im Entwurf des Koalitionsvertrages 2013 von CDU/CSU/SPD wird betont, dass die Bundeswehr weltweite Verantwortung übernehmen soll, und sie sei eine „Armee im Einsatz“ (besser: Kriegseinsatz). Somit müssen ihre Soldaten besonders gut geschützt werden. Dies geschieht durch eine hochqualifizierte, teure Ausrüstung. Hierzu gehören auch die Drohnen.
Diese waren bei uns während der „Drohnen- Affäre“ im Sommer kläglich abgestürzt, wg. Mangel an Flugsicherheit und Flugzulassung. Vielleicht werden aber diese teuren Fluggeräte von Sizilien aus vom Militärflugplatz Sigonella wieder das Fliegen lernen? Denn ab 2016 soll die Air-Base für Drohnenstarts ausgebaut sein.
Möglicherweise wird über die Drohnen erst in der nächsten Legislaturperiode entschieden. Der SPD käme das sehr entgegen, denn z.B. beim Platzen der Koalition könnte sie „drohnenmäßig“ ihre Hände in Unschuld waschen.
Um mit den Euro-Hawk- Drohnen nicht total auf die Nase zu fallen, strebt die Große Koalition eine europäische Entwicklung für unbemannte Luftfahrzeuge an. Das beinhaltet auf europäischer Ebene einheitliche Standards bei der Zertifizierung und Zulassung dieser Geräte. Die Probleme wären von der nationalen auf die Euro- Ebene gezaubert . Verantwortlich dafür soll dann die „Europäische Verteidigungsagentur“ sein.
Vor dem „AUS“ US- Amerikanischer Drohnen in der BRD?
Im Koalitionsvertrag bekennen die Parteien: “Extralegale, völkerrechtswidrige Tötungen mit bewaffneten Drohnen lehnen wir kategorisch ab“. Vor einer Entscheidung über die Beschaffung qualitativ neuer Waffensysteme sollen alle völker- und verfassungsrechtlichen, sicherheitspolitischen und ethischen Fragen sorgfältig geprüft werden.
Sollte das bedeuten, dass die neue Bundesregierung dann ihren Ausspähorganen untersagt, Daten an CIA und US- Militärs weiterzugeben? Soll das weiterhin bedeuten, dass den USA verboten wird, ihren mörderischen Drohnenkrieg von deutschem Boden aus zu führen ?
Das wäre doch mal was!! Aber? Wer es glaubt wird selig.