Rede des Kölner Friedensforums

Liebe Friedensfreundinnen und Menschenfreunde,

ich möchte beginnen mit einem Zitat von Yurii Sheliazhenko, Sprecher der ukrainischen Pazifistischen Bewegung, der wenige Tage nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine sagte:

„Wir leben in schwierigen Zeiten, die Mut erfordern, um den Frieden zu fördern. (…) Alle Konflikte sollten am Verhandlungstisch und nicht auf dem Schlachtfeld gelöst werden. Das Völkerrecht verlangt dies, und es gibt keinen anderen plausiblen Weg zur Lösung von Konflikten,  (..)

Ich hoffe, dass wir mit Hilfe aller Menschen der Erde, die den Mächtigen die Wahrheit sagen, die fordern, dass sie aufhören zu schießen und anfangen zu reden, mit allen, die denjenigen helfen, die es brauchen, mit allen, die in eine Friedenskultur und die Erziehung für Gewaltfreiheit investieren, eine bessere Welt ohne Armeen und Grenzen aufbauen können. Eine Welt, die von den großen Mächten der Wahrheit und der Liebe regiert wird und die Ost und West umfasst. (…) eine Welt, in der alle Kinder spielen können.“

Liebe Friedensfreunde, liebe Menschenfreunde, das tägliche Grauen in Gaza, der entfesselte Angriff der israelischen Armee auf Zivilisten, Krankenhäuser, Schulen, Hochschulen, Journalistinnen und Journalisten ist unerträglich und muss sofort gestoppt werden. Über 1200 Menschen haben beim Angriff der Hamas das Leben verloren, über 34 000 Menschen in Palästina – jede und jeder ist einer zu viel. Die Situation der israelischen Geiseln, die seit über einem halben Jahr um ihr Leben fürchten müssen, ist unerträglich, unerträglich ist auch die Lage der palästinensischen politischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen, die ohne Aussicht auf ein gerechtes Verfahren eingekerkert sind, etliche von ihnen Kinder und Frauen.

Dieses Grauen muss enden, und es wird enden. Weltweit demonstrieren Millionen Menschen für einen sofortigen Waffenstillstand, für ein Ende der Besatzung der Westbank und der menschenverachtende Blockade des Gazastreifens, für Frieden, Gerechtigkeit und Würde für alle Menschen, die zwischen dem Fluß und dem Meer leben.

Gaza kann heute niemanden unberührt lassen, denn es steht stellvertretend für den Kampf der Menschheit für eine menschliche Zukunft auf diesem Planeten. Denn was für Israel und Palästina gilt, gilt für diesen wunderschönen Planeten: Frieden und Sicherheit, Menschlichkeit und Würde können nur kollektiv, nur für alle realisiert werden, nie gegeneinander, nie in Abgrenzung, Diskriminierung, Hass und Unterdrückung. Deswegen bin ich mit Desmond Tutu, dem Südafrikanischen Bischof und Friedensnobelpreisträger der Auffassung, dass die Befreiung Palästinas auch Israel befreien wird. Ein dauerhafter Waffenstillstand und ein Austausch von Geiseln und Gefangenen ist als erster Schritt jetzt geboten, denn es muss alles getan werden, um jedes Menschenleben zu retten, um physisches und psychisches Wohlbefinden zu fördern und zu ermöglichen auf beiden Seiten die schrecklichen Traumata zu heilen und einen Weg zu Dialog und Versöhnung zu öffnen.

Dafür muss sich gerade die Debatte in Deutschland fundamental ändern. Nicht zu ertragen ist der politische und mediale Diskurs hierzulande, der von der perversen Idee getrieben ist, dass Kriege gewonnen werden können und sollen, während sie auf allen Seiten nur Leid und menschliche Verlierer produzieren. Nein, umgekehrt gilt in Israel und Palästina, in der Ukraine, in Russland, im Jemen, in Syrien, in Mali, hierzulande und weltweit: Überall können die Menschen nur den Frieden gewinnen, nicht den Krieg. Nein, nicht die Militarisierung der Gesellschaft, nicht neue Kriege und neues Unrecht sind Lehren aus den von Deutschland begonnen Weltkriegen, aus Faschismus und Genozid, sondern Frieden und die Unteilbarkeit der Menschenrechte. Sie können und müssen heute verwirklicht werden.

Erste Erfolge haben wir erreicht. Vor wenigen Tagen hat ein Berliner Verwaltungsgericht geurteilt, dass vorerst keine Waffenlieferungen nach Israel zulässig sind – bisher ist es nur ein vorläufiger Beschluss, aber er macht deutlich, dass die öffentliche Kritik wirkt.

Lasst uns weiter für den Frieden im Nahen Osten und weltweit streiten.

Möchte enden mit einem Zitat des palästinensischen Nationaldichters Mahmoud Darwish, der für die Befreiung Palästinas und für Menschenliebe, die den sogenannten „Feind“ einschließt, geschrieben hat.

„Ihr, die ihr auf den Treppen steht, tretet ein,

Trinkt mit uns arabischen Kaffee

[Vielleicht spürt ihr dann, dass ihr Menschen

seid wie wir]

Ihr, die ihr auf den Häuserschwellen steht,

Tretet aus unseren Morgen heraus,

Wir brauchen die Vergewisserung, dass wir

Menschen sind, wie ihr

es seid!“

(Mahmoud Darwish)

Ich danke euch für das Zuhören.

Peter Förster vom Kölner Friedensforum